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Worte von der Naht

Posted: Monday 22 November 2010 | Posted by k | Labels: , , 0 comments


imagine
November 22nd 2010

Inspiration: MOTS. Heute die derzeitige Ausstellung des Museum On the Seam "The Right to Protest" gesehen.

Auf dem Weg zum Museum von meiner Wohnung in Nachlaot, da hin, Richtung Osten laufend, durchquere ich Mea Shearim, ein ultraorthodoxes Viertel. Ich weiß nicht immer, auf welcher Straßenseite ich zu laufen habe. Die Busse da hin, die benutze ich nicht. Hosen tragend ist mein Wohlgefühl beim Durchqueren der Straßen eingeschränkt.

Blicke töten vielleicht nur den, der sie empfängt.

Ich sehe nach unten. Auf dem Boden ein benutztes Kondom. In der Bäckerei kann ich einkaufen (Es gibt schon wochenlang Pfannkuchen, auch wenn Chanukah erst noch kommt). An mancher Ladentür steht "Please only enter my shop dressed modestly". Gesittet mache ich Raum für Männer in Schwarz und Frauen mit zwei Lagen Sittsamkeit auf dem Kopf. Die Kinderwagen klagen mich nicht an. Die Sammelbüchsen an den Häuserwänden schweigen mich bittend an. An manchem Torbogen lese ich "We are not Zionists".

Im Osten, die große Straße, die zum Damaskustor führt, überquerend, gibt mir die Sonne ein deutliches Ja zum Ablegen meiner Jacke. Das hat sie auch zuvor getan, aber da war das Nein der Sittsamkeit viel lauter. Eben also diese Naht überquere ich, ein Stück noch und ich erreiche das American Colony Hotel. Da gibt es einen Buchladen. Da arbeite ich jetzt. Und mein Chef da, der verspricht, mich zu schelten, wenn ich im Rock kommen sollte, der nur der Sittsamkeit, nicht aber dem Wohlgefühl dient.

Worte erreichen vielleicht nur den, der sie lesen kann. Mots. Worte. Ausstellung lesen. Protestieren. Gesittet um Zeilen feilschen. Dass jeder sich eintragen kann in die Öffentlichkeit und ihr Vokabular der Ko-Existenz.

Die Sprache ist kein dem Für-Andere-sein hinzugefügtes Phänomen: sie ist ursprünglich das Für-Andere-sein, das heißt, das Faktum, daß eine Subjektivität sich als Objekt für andere erfährt. In einem Universum bloßer Objekte kann die Sprache in keinem Fall "erfunden" werden, da sie ursprünglich einen Bezug zu einem andern Subjekt voraussetzt; und in der Intersubjektivität des Für-Andere ist es nicht notwendig, sie zu erfinden, denn sie ist in der Anerkennung des anderen schon gegeben. Allein deshalb, weil, was ich auch tue, meine frei geplanten und ausgeführten Handlungen, meine Ent-würfe auf meine Möglichkeiten hin draußen einen Sinn haben, der mir entgeht und den ich erfahre, bin ich Sprache.

Jean-Paul Sartre, Das Sein und das Nichts, 652

A crowded place

Posted: Sunday 21 November 2010 | Posted by k | Labels: , 0 comments



du und ich und hier
November 21st 2010

Und dann habe ich an Hans Blumenbergs Theorie der Unbegrifflichkeit gedacht. Die Fallen der Begriffe, der Zaun (גדר) der Definition (הגדרה). Einpferchen des Lebens. Ein Netz von hin und her gespannten Grenzschnüren. Stolpern. Hängenbleiben. Alarmgeheul. Es gibt Zäune. Fallen. Hinfallen. Sich zu verhalten wissen. Oder still.

Sein.

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there I saw hope barbed as barbed wire.
And i said to myself: That's true, hope needs to be
like barbed wire to keep out despair,
hope must be a minefield.

Yehuda Amichai

Buberlese

Posted: Monday 8 November 2010 | Posted by k | Labels: , 0 comments


Die Augen des Tiers
November 6th 2010

So vieles kann die Kruste der Dinglichkeit nie durchbrechen! O Glimmerstück, welches anschauend ich einst zuerst verstand, daß Ich nicht etwas "in mir" ist, - mit dir war ich dennoch nur in mir verbunden; nur in mir, nicht zwischen mir und dir hat es sich damals begeben. Wenn aber eins hervorsteigt aus den Dingen, ein Lebendes, und mir Wesen wird, und sich in Nähe und Sprache zu mir begibt, wie unabwendbar kurz ist es mir nichts als Du! Nicht die Beziehung ist es, die notwendig nachläßt, aber die Aktualität ihrer Unmittelbarkeit. Die Liebe selber kann nicht in der unmittelbaren Beziehung verharren; sie dauert, aber im Wechsel von Aktualität und Latenz. Jedem Du in der Welt ist seinem Wesen nach geboten, uns Ding zu werden oder doch immer wieder in die Dinghaftigkeit einzugehn.

Martin Buber, Ich und Du

Waiting for Godot

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Gummihammer.


Gefährlich.


Lotto.


Lösungsmittel.


Baywatch.


Finde den Fehler.


Auf der Straße.

Als

Posted: Tuesday 2 November 2010 | Posted by k | Labels: , 1 comments

Fremde Tochter
und kein Wein
und doch
kein Nein.

Fremde Tochter.
Ich
und Du
irrst. Du.

So nicht gerade
eine Büchse.
Darin?
Und wieso?

Fremde Tochter
Ich
Öffnen

Feuer. Du bist doch schon verbrannt.

Noch nicht,
hier oben, aber
dort, in der Fremde
auch:
Leuchtet noch
der Himmel
Deiner Asche.

Die Augen Dir küssen, damit Du siehst, nicht siehst, wohin ich blicke.

Licht.
Leuchte.
Licht.
Hier.

Das Leben in Dir lieben.
Das Unendliche.
Da bist Du.


Als
Fremde Tochter

November 1st 2010