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„du hast recht, ich liebe dich, das veröffentlicht sich nicht, ich sollte das nicht ausposaunen“

Posted: Wednesday 21 January 2015 | Posted by k | Labels: , 0 comments

du bist am grausten, wenn ich die, neben denen du stehst, so betrachte. genau genommen bist du grau, ganz grau, ein bisschen rau und ein bisschen grau und ein bisschen, was man schwarz nennen müsste, hast du auf dir. beinahe neben dir ist nur eines schwarz-weiß, selbst wenn das, was schwarz-weiß ist, vielleicht auch besser grau wäre, ein anderes als du, aber sicher nicht schwarz-weiß.

du bist zu mir gekommen und das, was ich dir antun muss, mein gott, was ich dir antun muss, habe ich nie jemandem angetan und ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass du es bist, aber vielleicht, wer weiß, deswegen tut es mir nicht weh, dass ich dir weh tue, weil du es so offensichtlich nicht nicht willst, sondern eben ganz offensiv deine verletzlichkeit ausstellst in deinem grau und fast schon zu mir zu sprechen scheinst, so mit einem stummen „komm schon du musst dir mühe geben, du musst das, was ich mit absicht verberge, enthüllen, nimm ein messer und schneide präzise schnitte, schneide, was das zeug hält und öffne mich, damit das, was ich in mir habe, dich erreichen kann“ –

es ist wie mit einer postkarte, die ich an dich senden würde. denn wie meine karte dich nicht erreichen kann, wenn ich dich nicht öffne, seziere sozusagen, muss auch ich eine art briefkasten einrichten und vielleicht einen kleinen nicht-hegelianischen zettelkasten, einen postkartenkasten, in dem das, was du mir sagst, gesammelt werden kann, auch wenn ich nicht derjenige bin, der nicht schreibt.

du in deinem grau könntest (kein) platon sein, denke ich bei mir. (k)eine graue wolke inmitten eines blühenden frühlingsmorgens, einem bunten feld von rücken, die du gar nicht beachten kannst, weil sie nach dir, lange nach dir gekommen sein werden oder in kinderschuhen steckten, als du ganze lager voller schuhe zu de-denken versuchtest. solange ich nicht an dir seziere, exzerziere, kannst du nicht sein, was du sein kannst.

also nehme ich dich wahr und seziere dich. dass ich dabei ein meist zu wenig präzises instrument nutze, schmerzt mich mehr als dich, zumindest ist offensichtlich, dass du trotz der schmerzen, die ich dir zufügen muss und will und deretwegen ich mich winde, nicht du dich, sprichst zu mir.

wenn ich dich ganz zerschnitten habe und erst dann –

wenn ich dich ganz zerschnitten habe, werde ich danach sagen können, „niemals habe ich so gesponnen / ich verlier die stimme, dich zu rufen, sprich mir, sag mir die wahrheit“? oder wird eine postkarte ihren adressaten (nicht) gefunden haben? wird der, der nicht schreibt, schreiben und das, was geschrieben gewesen sein wird, mein herz zerissen haben –

werden deine getrockneten tränen tränen, oder werden die dann trocken blickenden augen nie feucht gewesen sein? wird das haar, welches der finger auch hinters ohr klemmen könnte, dir weiter ins auge wehn und dich wirken lassen wie das graus(was macht ein „ams“ aus dir?)te buch in meiner sammlung?

wird nicht das, was gewesen sein wird, dein tod und das andere sein?



jacques derrida: die postkarte. von sokrates bis an freud und jenseits. 1. lieferung. berlin: brinkmann und bose 1982.


im mai 2008